Für Noah ist Jako der größere Konkurrent als Adidas
Neue Sportmarke aus dem Murgtal: Staufenberger Siegmar Tittjung will Vereine mit zusätzlichem Service überzeugen
Gernsbach/Baden-Baden. Die Olympischen Spiele in Paris haben es wieder einmal vor Augen geführt: Es gibt Sportmarken wie Sand am Meer. Braucht da ausgerechnet das Land der Platzhirsche Adidas und Puma noch eine weitere? Zumal die Siegesgöttin aus den USA auf dem großen Markt auch mitspielt und Nike sogar demnächst die deutsche Fußball- Nationalmannschaft ausrüstet. Siegmar Tittjung ist kein Traumtänzer. Der vierfache Unternehmensgründer aus Staufenberg hält die Frage für berechtigt und hat eine Antwort: „Gegen Adidas, Puma und Nike haben wir keine Chance“, zeigt sich der 51-Jährige mit Blick auf die Kräfteverhältnisse wenig blauäugig. Dennoch: „Die vernachlässigen den Amateurbereich“, glaubt Tittjung, dass sein jüngstes Baby namens Noah im Schatten der Großen eine Daseinsberechtigung findet – und überlebt! Als Hauptrivalen ruft der Chef von knapp zehn Mitarbeitern, der anfangs Gaggenau als Sitz der Sportmarke hat eintragen lassen, ehe er diesen nun auf den Firmensitz in Baden-Baden umschreiben ließ, andere aus: „Von Jako& Co heben wir uns ab“, verweist Tittjung auf den schwäbischen Rivalen aus Hollenbach, der sich 1989 zwischen Jagst und Kocher gründete und die Flüsse zur Namensfindung heranzog. Rudi Sprügel trat vor 35 Jahren mit ähnlichen Zielen an wie jetzt der Staufenberger: Zunächst sollten Sportvereine der Region gut, aber günstig ausgerüstet werden. 2014 durchbrach Jako rechtzeitig zum 25-jährigen Bestehen die Schallmauer von 100.000 Partnervereinen in zahlreichen Sportarten. Auch in die Riege der Traditions- Fußballclubs stieß der Newcomer irgendwann vor und rüstete den SC Freiburg, den Karlsruher SC und Bayer Leverkusen aus. Beim VfB Stuttgart stieg Jako vor zwei Jahren sogar als Investor mit einem Millionen-Betrag ein.
Die Erfolgsgeschichte des auserkorenen Erzrivalen spendet Tittjung Zuversicht, zumal er Vorteile für Noah bei den Amateurvereinen sieht: „Jako hat keinen Direktvertrieb, keine individuellen Designs und keinen Mehrwert für die Vereine“, sieht der Staufenberger all dies bei seiner Marke Noah gegeben. So entwirft das kurstädtische Unternehmen die Trikots und Hosen für die Klubs, bei einer Bestellung ab fünf Teilen aufwärts, zusammen mit den Kunden. Die Preise, die natürlich bei größeren Stückzahlen günstiger werden, gibt Tittjung mit „ab 25 Euro“ an. Positiv ist dabei vor allem für die Vereine: „Alle Aufdrucke sind dabei inbegriffen“, betont der Noah-Boss. Als langjähriger Vereinsfußballer weiß er nur zu gut: „Bei Werbebeflockung kostet diese an der Brust fünf Euro, dann die Ärmel drei Euro und vier Euro für den Rücken“, nennt er Kleckerlesbeträge, die zusammen aber ins Geld gehen. Erfreulich zudem: Da bei der Beflockung gerne mal Buchstaben in der Wäschetrommel abgehen, setzt Noah auf „Thermosublimationsdruck, sprich wir drucken in den Stoff, sodass der Druck erhalten bleibt und sich keinen Buchstaben lösen“.
Und ganz wichtig für Vereine mit Jugendabteilungen: „Wir bieten eine langjährige Nachbestellmöglichkeit“, verspricht Tittjung. Sportvereine kennen das leidige Problem zur Genüge: Jugendliche wachsen schnell aus den neuen Trikots raus – und weil die Sportmarken alte Designs nach ein paar Jahren aus dem Sortiment schmeißen, kann man keine größeren Trikots mehr nachordern für die in die Höhe geschossenen Talente. Oder man disponiert langfristig, indem man deutlich mehr Trikots ordert, aus preislichen Gründen gleich mitbeflocken lässt und alles auf Halde legt für einen späteren Gebrauch. So haben Vereine die Qual der Wahl zwischen Vorkasse oder der noch teureren Neubeschaffung alle paar Jahre, wenn es die alten Leibchen nicht mehr gibt …
Die Textilien fühlen sich gut an und wirken hochwertig: „Für uns war wichtig, dass wir nicht in Fernost, sondern in Europa produzieren lassen“, hebt Tittjung hervor und lässt sich wenigstens das Herstellerland „Italien“ entlocken. Die Trikots enthalten kein PVC und sollen komplett aus recyceltem Polyester bestehen, wirbt die Marke. Damit aber nicht genug: Noah greift den Funktionären tatkräftig unter die Arme, indem die im Murgtal gegründete Marke einen Online- Shop für jeden Verein aufsetzt. „So können die Eltern die Trikots direkt bestellen und bezahlen“, erspart das doch die aufwendige Vorkasse für die Jerseys samt Eintreiben bei Eigenbeteiligung. All diese Vorzüge hat bisher ein halbes Dutzend Kunden überzeugt, die laut Tittjung bereits für einen „sechsstelligen Umsatz“ sorgen: Die Rheinstettener Fußballschule Frieböse Hofmeier, der SV Sinzheim, der Rastatter SC/DJK, der FV Ottersdorf und neuerdings der FV Malsch nutzen das Angebot. Nicht zu vergessen der TV Nöttingen als Mehrspartenverein mit mehr als 2.000 Mitgliedern.
In dem sportlichen Örtchen kickt auch Tittjungs Sohnemann in der U15-Oberligamannschaft. Er steht wie der Herr Papa im Kasten. Die Konkurrenz in Sachen Durchbruch ist bei Noah beim FV Nöttingen ungeachtet aller Ambitionen garantiert kleiner als einst bei Siegmar Tittjung. Der galt zu Beginn der 90er Jahre als Torwarttalent und bekam beim Karlsruher SC nur einen Vertrag für die Amateure vorgelegt. „Oliver Kahn erhielt damals den Profivertrag“, berichtet Tittjung von der Aussichtslosigkeit, von Winfried Schäfer statt des späteren „Titans“ zwischen die KSC-Pfosten gestellt zu werden.
So hofft der 51-Jährige nun auf mehr Karriereglück bei seinem Sohn. Einen Namen hat sich der U15-Spieler in Sportkreisen schon gemacht: Der Vater hat die Marke Noah nämlich nach seinem Sohn benannt. Erstaunlicherweise waren in Deutschland alle Namens- und Markenrechte noch frei.
Ein Rechtsstreit ist aber noch in Frankreich anhängig – Yannick Noah strengte es an. Der French-Open-Sieger von 1983 erzielt bei Le Coq Sportif minimale Umsätze mit seinem Namen. Tittjung traf den Tennisspieler in Kamerun. Anfangs sei das Verhältnis herzlich gewesen. Er konnte sich sogar vorstellen, den früheren Sympathieträger mit den Rasta-Locken als Markenbotschafter zu verpflichten. Doch Noah forderte „8.000 Euro im Monat“, berichtet Tittjung. Angesichts einer verschwindend geringen Umsatzes bei Le Coq Sportif verzichtete Tittjung aber lieber auf den Tennis-Coup. Danach zog der mittlerweile 64-Jährige vor den Kadi. „Wir kriegen den Fall bald gelöst“, zeigt sich der Noah-Chef zuversichtlich. Als neuer schlagkräftiger Mitspieler ist nun der ehemalige Europameister im Thaiboxen und Porsche-Betriebsratschef Uwe Hück bei Noah an Bord.
Artikel von BNN: Noah_Sportmarke
Von Hartmut Metz
Quelle: Badische Neueste Nachrichten (BNN) | bnn.de
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